"Landschaften von Claudia Viehl"
 
Die Landschaftsmalerei kann nicht neu erfunden werden. Das ist aber auch gar nicht nötig, Wenn der Künstler einen eigenen Ausdruck findet. Bei Claudia Viehl ist dieser Ausdruck geradezu Stil geworden.

Waren die Bilder anfangs noch geprägt von einer üppigeren Komposition – die Übergänge von Landschaft zu Himmel waren farblich fliessender, die Gestaltung der Natur wilder, näher an einem realen Abbild – , ist deren Weiterentwicklung in aller Konsequenz nachvollziehbar und stringent: Reduktion sowie Akzentuierung. Die Künstlerin lässt weg um zu verdeutlichen und verdeutlicht, wo sie aufträgt.

Besonders augenfällig im Mut zur Fläche, zu einem grosszügigen geräumigen Weiss. In dieses Weiss skizziert die Malerin mit wenigen sicheren Strichen ihre Landschaften (Büsche, Bäume, Brocken aus Stein, Bergmassive, Hügelstriche etc.), nunmehr angedeutet und umrissen wie eine skulpturale Kulisse. Angeregt zwar von einer tatsächlichen Örtlichkeit, aber angelehnt nurmehr am Vorbild, werden die Landstriche derart herausgeschält ursprünglich und allgemein. Das ist raffiniert gemacht, denn dies Allgemeine evoziert beim Betrachter Bekanntes, als hätte er die Landschaften höchstselbst im letzten Urlaub durchschritten. eigene Bilder, im Unterbewusstsein abgelagerte, stellen und fügen sich ein und überlagern schliesslich das innere Auge.

Diese Landschaften nun enden zwangsläufig am Horizont, auch formal. Der Himmel darüber ist farbenvoll und erzeugt vor allem eine Grosswetterlage, braut in kräftigen leuchtenden Farben eine Stimmung zusammen. Diese Stimmung korrespondiert mit derjenigen der Landschaft, nimmt diese auf auch über den Weg, der zumeist in den Bildern vorkommt. Einem Weg der, einem Gedankenstrange gleich, eine Gefühlslage heran an den Gesichtskreis trägt, den Schnittpunkt der Stimmungen, und geradewegs weiter und hinaus transportiert in den Himmel.

Ein Wort noch zu diesem Weg: zwei Striche, die eine (weitere, unaufgeregte) weisse Fläche eingrenzen, ansonsten nichts weiter. Dergestalt, die Reduktion auf die Spitze getrieben, nichts als Weg. Mit einem Wegesrand wie zwei gestreckten Fragezeichen, weil ein am Horizont auslaufender Weg auch immer die Frage nach dem Wohin meint, und damit jedwede mögliche Sehnsucht des Betrachters letzten Endes.

Man spaziert gerne betrachtend durch die Ländereienschnipsel, schweift ab und hinan zum Firmament, ständig und sanft von der Künstlerin an der Stimmungshand genommen, aber nie eingenommen, weil die Bilder genügend Raum bieten für eigene, innere Landschaftswelten. Man bewegt sich in einer von der Künstlerin aufgebrochenen meditativen Zwiesprache. Anregung und Austausch: was mehr kann Kunst schon bieten?

Alex Frei, Galerie Frei-Ruum, Berlin
 
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